Folge 4 - Klimaschutz, Klimaanpassung und Biodiversität in der Altstadt


Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Altstadt sowohl für die Menschen als auch für Flora und Fauna nachhaltig verbessern

 

Die Herausforderungen des Klimawandels sind mit die wichtigsten Zukunftsthemen unserer Gesellschaft. Der Klimawandel und seine Folgen ist bereits deutlich spürbar: besonders bei den Naturkatastrophen der vergangenen Jahre mit Starkregenereignissen,  Überschwemmungen sowie dem trockenen und heißen Sommer haben uns gezeigt, dass es bereits 5 nach 12 Uhr ist.

 

Nahezu 30% unseres Baumbestandes in Hessen sind durch die trockenen Jahre geschädigt; Borkenkäfer und schädliche Pilze haben nun ein leichtes Spiel sich auszubreiten (vergleiche Waldzustandsbericht Hessen 2021). Hinzu kommen Hochwasser und verheerende Stürme in den kalten Jahreszeiten.

 

Ein „einfach so weiter“ kann es nicht geben. Zum einen haben wir schnellstmöglich wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der klimaschädlichen Schadstoffausstoße zu treffen, auf der anderen Seite sind die Städte und hier besonders die dicht versiegelten Innenstädte an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Die Innenstädte weisen teils signifikant höhere Temperaturen auf als das ländliche Umland. Neben den hoch versiegelten Gewerbegebieten zeigen besonders die verdichteten Innenstädte deutliche Überhitzungen in den Sommermonaten auf.

 

Auch in der Wetzlarer Altstadt ist das im Sommer zu verspüren. Während auf dem versiegelten Domplatz die Hitze vorherrscht, ist nur wenige Gehminuten weiter das Klima in dem Altstadtgrüngürtel unter den Bäumen deutlich erträglicher. Gerade Großgehölze sind bestens dazu geeignet, die Temperaturen in heißen Sommermonaten in den verdichteten Siedlungsbereichen zu senken.

 

Auch in der Altstadt können demnach vielfältige Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels, der Klimaanpassung sowie der Artenvielfalt getroffen werden, was der Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Altstadt sowohl für die Menschen als auch für Flora und Fauna nachhaltig zugute kommt.

 

Auch in der Altstadt kann durch weitere Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen das Stadtklima verbessert werden. Wichtig sind hier sowohl Grünanlagen mit hoher Baumdichte in fußläufiger Entfernung als auch Begrünung von Straßen und Plätze. Zu nennen sind insbesondere der Steighausplatz, der Klostergarten, die Freiflächen rund um den Dom sowie die großflächig versiegelte Stellplatzanlagen Haarplatz, Avignonanlage und Lahninsel. Diese sind hoch versiegelt und verfügen über Entsiegelungs- und Begrünungspotenziale. Klimaschutzförderprogramme bieten bei Entsiegelungsmaßnahmen sehr hohe Förderquoten. 

 

Die Bepflanzung innerhalb der Altstadt muss nach und nach den Anforderungen an den Klimawandel angepasst werden. Bei Bepflanzungsmaßnahmen sind vornehmlich solche Gattungen zu verwenden, die auch längere heiße und trockene Zeiten überstehen. Neben einer ausreichenden Versorgung mit Wasser benötigen Großgehölze auch eine hohe Zufuhr an Sauerstoff zum Wurzelwerk. Dies kann durch Entsiegelungsmaßnahmen erreicht werden.

 

Neben den positiven Auswirkungen auf das Stadtklima können mit Begrünungsmaßnahmen auch der Lebensraum für geschützte Arten wie Fledermäuse, Vögel, Insekten oder Reptilien verbessert werden. Die Altstadt bietet mit den Scheunen, Bruchstein- und Trockenmauern, Mauerspalten und Dachüberständen Lebensraum für diese Arten. Zunehmende Gebäudesanierung, so wichtig sie für die Altstadt auch ist, nimmt diese Lebensräume.

Hier ist es wichtig, Ersatz durch geeignete Nistkästen oder Kleinbiotope zu schaffen. In den Grünanlagen sowie dem Altstadtgrüngürtel sind Flächen vorzusehen, die als Blühwiesen, Bruchsteinmauern sowie naturnahe Uferbereiche Lebensraum für Insekten und Kleinsäuger bieten. Die Uferbereiche der Lahn, die nicht zugänglich sind, sind naturnah zu gestalten und zu entwickeln.

Bei der Sanierung von Straßenoberflächen ist auf die Verwendung heller Materialien und Farben zu achten. Helle Farben reflektieren die Sonneneinstrahlung deutlich stärker als herkömmlicher Asphalt. Studien belegen, dass bei Verwendung heller Farben einer Überhitzung bis zu 2 Grad Celsius entgegengewirkt werden kann (Quelle: Treffpunkt-Kommune).

 

Bei der Sanierung der Fußgängerzone in der Altstadt hat die Stadt mit der Verwendung des hellen Pflasters den richtigen Weg eingeschlagen. Dieses Pflaster sollte neben dem vorhandenen Naturstein künftig das Leitmaterial für die Altstadt darstellen.

 

Dunkler Asphalt soll auf ein absolut notwendiges Minimum reduziert werden, dort wo die Tragfähigkeit es verlangt.

 

Besonders den älteren Mitbürgern machen die Hitzetage in den Sommermonaten zu schaffen. Dehydrierung stellt bei der älteren Generation eine große Gesundheitsgefahr dar. Es sollte daher geprüft werden, ob an zentralen Stellen in der Altstadt öffentliche Trinkwasserstellen, insbesondere in der Nähe zu Senioreneinrichtungen, auf Kinderspielplätzen, in Grünflächen mit Aufenthaltsbereichen eingerichtet werden können.

 

  • Zusammengefasst können wesentliche Maßnahmen für die Altstadt sein:
  • Identifizierung von Hitzeinseln in der Innenstadt und gezielte Begrünung der überhitzten Bereiche
  • Entsiegelung von Stellplatzanlagen (Lahninsel, Haarplatz, Avignonanlage) oder sonstige versiegelter Freiflächen (Steighausplatz, Klostergarten)
  • Verbesserung der Grünstrukturen im Bereich der Altstadtplätze und des Altstadtgrüngürtels (Klostergarten, Dom-Südfassade, Lückenschluss des Altstadtgrüngürtels auf der Lahninsel und Parkplatz Avignonanlage)
  • Verschattung von überhitzten Plätzen durch Bäume
  • Verwendung klimaangepasster Arten
  • Dort wo keine Großgehölze möglich sind, Prüfung der Anlage von Pflanzbeeten mit Kleingehölzen, Stauden, Gräser und Blühpflanzen oder gar transportable Pflanzinseln (bei Bedarf z.B. Straßenfeste, durch Gabelstapler entfernbar)
  • Verstärkte Versickerung des Oberflächenwassers
  • Verwendung heller Farben bei Straßenoberflächen und Fassaden
  • Trinkwasserstellen an zentralen Orten in der Altstadt
  • Schaffung von Kleinbiotopen und Nistmöglichkeiten
  • Änderung der Altstadtsatzung in Bezug auf die Zulässigkeit von Photovoltaikanlagen

 

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