Udo Bullmann kritisiert Schäuble

Wahlkampf auf Kosten der griechischen Bevölkerung - Schäuble riskiert neue Griechenland-Krise! So lautet die Überschrift eines neuen Beitrags von Udo Bullmann, Mitglied der Fraktion der Sozialdemokraten im Europaparlament. Lesen Sie hier den ausführlichen Text...

Die Euro-Finanzminister sollten zufrieden sein mit Griechenland. Ende 2016 präsentierte das Land Wachstums- und Haushaltszahlen, die die Erwartungen seiner Gläubiger deutlich übertrafen. Und dennoch droht die Griechenland-Rettung erneut ins Stocken zu geraten. Grund ist vor allem das Kalkül von konservativen Austeritäts-Verfechtern um Finanzminister Schäuble, die das Ringen um die Zukunft Griechenlands in der Eurozone gerne zum zentralen Thema im anstehenden Bundestagswahlkampf machen wollen. Je näher die heiße Phase des Wahlkampfs kommt, desto lauter werden die Grexit-Stimmen schreien.

 

Seit 2015 läuft das mittlerweile dritte Reform- und Hilfsprogramm für Griechenland, an dem bislang nur die Euro-Staaten als Geldgeber beteiligt sind. Auf Druck der Euro-Finanzminister soll nun allerdings auch der Internationale Währungsfonds (IWF) an Bord kommen. Das bringt allerdings Probleme. Der IWF erkennt zwar an, dass bei der Reform der griechischen Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung bereits vieles geleistet wurde. Für eine dauerhafte Lösung, so der IWF, brauche es aber einen umfangreichen Schuldenschnitt, was die Kürzungspolitiker um Wolfgang Schäuble sehr nervös macht. Außerdem verlangt der IWF weitere tiefe Einschnitte im Arbeitsmarkt und in den Sozialsystemen, Einschnitte, die mit der Tsipras Regierung nicht zu machen sind.

 

Damit hat sich der IWF zwischen alle Stühle gesetzt, da er beide seiner europäischen Partner gegen sich aufgebracht hat. Statt im Wege von Dreiergesprächen konstruktiv nach einem Kompromiss zu suchen, arbeiten sich die deutschen Austeritäts-Verfechter viel lieber an der linken Regierung in Athen ab und bemühen erneut das Klischee des verschwenderischen und reformunwilligen Pleitegeiers in Athen. Zuletzt gingen einige Vertreter von Union und FDP sogar so weit, erneut den Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone zu fordern.

 

Schäuble und seine Getreuen folgen mit Ihrer aktuellen Taktik einem perfiden Kalkül. Mit ihren Attacken gegen Griechenland versuchen sie sich in Wahlkampfzeiten als konservative Kraftprotze zu profilieren, immer in der Hoffnung, dass die Parole ‚keinen Euro mehr für die Pleite-Griechen‘ in der eigenen Wählerschaft Beifall garantiert – und gleichzeitig vielleicht ein paar der Abtrünnigen in der AfD einsammelt. Es handelt sich dabei allerdings auch um einen klassischen Fall versuchter Vorwärtsverteidigung. Denn der Lärm, den die Grexit-Geier mit ihren neuen Sparforderungen verursachen, übertönt die rationalen, für Schäuble aber unliebsamen Argumente für eine begrenzte Schulderleichterung, die ebenfalls vom IWF gefordert wird. Um auf lange Sicht zu nachhaltigem Wachstum und sozialem Frieden in Griechenland zurückzukehren, sollten solche Maßnahmen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. So hatte die Eurogruppe im vergangenen Mai klug vereinbart, bedarfsabhängig über Schuldenrestrukturierungen zu sprechen, wenn die Griechen ihre Reformzusagen einhalten. Auch Wolfgang Schäuble war damals dabei...

 

Wann es zu einer Beilegung der aktuellen Konflikte kommen wird und ob dann auch der IWF das laufende Programm unterstützt, bleibt derzeit offen. Gerade Letzteres wird dabei entscheidend sein. Denn ohne den IWF wollen sich auch andere Regierungschefs nicht (weiter) beteiligen. Sollten die Geldgeber und der IWF sich nicht bald einigen, steht uns wegen der Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich wahrscheinlich bis Sommer eine erneute Hängepartie bevor. Am Ende könnte eine griechische Staatspleite drohen. Der darauffolgende Grexit würde die Eurozone und die gesamte EU erneut in schwerste wirtschaftliche und politische Turbulenzen bringen. Soweit darf es nicht kommen, der wahlkampfgesteuerte Teufelskreis, in dem sich Griechenland befindet, muss aufhören.

 

Foto und Text: Udo Bullmann / www.udo-bullmann.de 

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