9. Gelingende Integration: Eine Chance für unsere Gesellschaft


"Unsere Zeit steckt, wie kaum eine andere zuvor, voller Möglichkeiten. Zum Guten und zum Bösen. Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer.

 

Darum: Besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“ (Willy Brandt)

 

 

 

Dieses Zitat von Willy Brandt umreißt die aktuellen Herausforderungen in unserer Welt, die aus den Fugen geraten ist, in ganz besonderer Weise.

In Anbetracht der weltweit zunehmenden Bedrohung von Menschen durch Krieg, Terror, Not und nicht zuletzt auf dem Hintergrund der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie bekennen wir uns zu dem Grundrecht auf Asyl und setzen dagegen auf das nur in den Kommunen erfahrbare solidarische und tolerante Miteinander, soweit ein dauerhaftes Bleiberecht im Einzelfall besteht. In den zurückliegen Monaten haben viele Ehrenamtliche, Kirchen, soziale und caritative Organisationen, aber auch die Hilfsdienste mit ihrem nahezu unermüdlichen Dienst dazu beigetragen, dass die hier Schutz und Aufnahme suchenden Menschen betreut und begleitet werden konnten. Damit dieser Prozess gelingen kann, bedarf es der von der EU, dem Bund und dem Land zu setzenden klaren Rahmenbedingungen. Da ist zum einen die gesamteuropäische Verantwortung einzufordern, es bedarf eines klaren, transparenten und schnellen, dabei  rechtsstaatlichen Ansprüchen absolut genügenden Verfahrens und der Stärkung der Kommunen, damit die Herausforderungen der Integration vor Ort gemeistert werden können,  ohne dass Menschen die heute schon die Hilfe und Unterstützung der Solidargemeinschaft benötigen zurückstehen müssen.

 

Wetzlar hat auf diesem Feld als eine Stadt, in der nahezu ein Viertel aller Einwohnerinnen und Einwohner einen Migrationshintergrund hat, in der über 12% aller Bewohner nicht über einen deutschen Pass verfügen und in der annähernd 120 Nationalitäten zusammenleben, einen ganz besonderen Erfahrungsschatz.

 

Als eine von sechs Modellregionen „Integration“ konnten wir in Wetzlar mit der Förderung des Landes modellhafte Integrationsbausteine erarbeiten, die in einem vom Stadtparlament beschlossenen „Handlungskonzept“ niedergelegt sind und in dem Folgeprojekt „WIR“ weiter ausgestaltet werden.

 

Aus dieser Arbeit resultiert die Einrichtung eines Interkulturellen Rates, in dem u.a. Vertreterinnen und Vertreter der unterschiedlichsten Nationalitäten ihren Rat einbringen können. Sie repräsentieren das Bild unserer bunten Stadtgesellschaft.

 

Im Laufe der bevorstehenden Kommunalwahlperiode wollen wir auch erstmals einen kommunalen Integrationspreis ausloben, um besonders gelungene Integrationsprojekte zu würdigen.

 

Darüber hinaus wollen wir einen Beitrag zur Integration der Menschen leisten, die aus Angst um ihr Leben aus ihrer Heimat fliehen mussten und in Deutschland Asyl suchen, sich zu den Grundwerten unserer Verfassung bekennen und in unserem Land eine dauerhafte Bleibeperspektive haben.

 

In den zurückliegenden Monaten haben gerade viele Ehrenamtliche aus den Reihen der Kirchen und Sozialverbände, aber auch sehr engagierte Einzelpersonen dazu beigetragen, dass Schutzsuchende in unserer Stadt ein „Willkommen“ verspürt haben. Diesem großartigen Engagement vieler Menschen aus unserer Stadt zollen wir unseren Respekt.

Doch neben dem ersten Schutz und der Sicherung der elementaren Grundbedürfnisse müssen Bund und Land den Kommunen auch die Ressourcen gewährleisten, damit der Integrationsprozess erfolgreich durchgeführt werden kann. Neben dem Wort „Wir schaffen das“ muss die Aussage stehen können, „Wir tun es“. Und wir tun es, ohne die gesellschaftliche Balance in unseren Städten, Gemeinden und Landkreisen zu gefährden.

 

Das beginnt bei der Vermittlung der Sprachkompetenz, der Versorgung mit Plätzen in den Kindertagesstätten und den Schulen und reicht über die Integration in den Arbeitsmarkt und die Schaffung von ausreichendem Wohnraum. Hier sind die Kommunen und hier ist die Stadt Wetzlar gefordert. Unsere Volkshochschule und die hiesigen Wohnungsgesellschaften tragen ganz maßgeblich zum Gelingen dieses Prozesses bei.

 

Diese Herausforderung können wir nur gemeinsam bewältigen, wenn wir sie mit Herz und Verstand annehmen und im Sinne des Ausspruches von Willy Brandt die richtigen Antworten geben.